Christian, danke für die nette Rückmeldung.
Ich versuch halt, mich auf das Notwendigste zu beschränken, damit auch Mitlesende mit peripheren Werkzeugmacherkenntnissen noch folgen können . Das Thema ist halt komplex, aber auch ultraspannend, gelle.
Und sei im Besonderen versichert, das Dein "Geist" immer mitfährt. Das gilt natürlich auch für den Bergwanderer. Ich freue mich sehr, dieses Produkt kongenialer Zusammenarbeit verschiedener Forumsmitglieder präsentieren zu dürfen. Auf mich allein gestellt wäre dieser Motor nie so aus meiner Hand entstanden. Man könnte ihn HCT600 taufen...
Ich hoffe, mit diesem Bericht etwas an das Forum, von dem ich sehr profitiert habe, zurückgeben zu können.
Gruß
Theo
PS: die ersten 400 hat er schon hinter sich.
620cc
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Re: 620cc
Ahh sozusagen der wein"geist" har har har
Rlg
Christian
Rlg
Christian
Ein Tag ohne Wein ist ein Tag wie ohne Bier
- Mambu
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Re: 620cc
Herrlich!
...auch wenn ich mich selten melde, genieße ich derartige Berichte!
Weiter so!
Herzliche Grüße
Mambu
...Fotos von dem Kolben würden mich auch interessieren, wenn es denn welche gibt. Ich habe mich vor ein paar Jahren an einem JE versucht, und wollte den an die Masse des Vorgängers (auch JE) angleichen, der aus zunächst nicht nachvollziehbaren Gründen leichter war als sein Nachfolger. Nach adrenalintreibender Bearbeitung, kam ein weiterer Adrenalinstoß, als ich merkte, dass ich im Bereich des Ölabstreifers vielleicht doch etwas viel Material abgenommen hatte...
Es folgte die Nachbildung des Kolbens auf CAD und anschließende FEM Berechnung...so zur Gewissensberuhigung.
Nach unspektakulärer Ergebnisauswertung folgte der Feldversuch, der bis heute anhält...
...auch wenn ich mich selten melde, genieße ich derartige Berichte!
Weiter so!
Herzliche Grüße
Mambu
...Fotos von dem Kolben würden mich auch interessieren, wenn es denn welche gibt. Ich habe mich vor ein paar Jahren an einem JE versucht, und wollte den an die Masse des Vorgängers (auch JE) angleichen, der aus zunächst nicht nachvollziehbaren Gründen leichter war als sein Nachfolger. Nach adrenalintreibender Bearbeitung, kam ein weiterer Adrenalinstoß, als ich merkte, dass ich im Bereich des Ölabstreifers vielleicht doch etwas viel Material abgenommen hatte...
Es folgte die Nachbildung des Kolbens auf CAD und anschließende FEM Berechnung...so zur Gewissensberuhigung.
Nach unspektakulärer Ergebnisauswertung folgte der Feldversuch, der bis heute anhält...
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Re: 620cc
@mambu
Schick mir kurze eine nachricht via whatsapp dann sende ich umgehendst.
Ich hab nur leider so viel zu tun dass ich fuer fotos posten oder emails dzt kaum bis keine zeit hab auszer fuer essentielle sachen.
Rlg an alle
Christian
Schick mir kurze eine nachricht via whatsapp dann sende ich umgehendst.
Ich hab nur leider so viel zu tun dass ich fuer fotos posten oder emails dzt kaum bis keine zeit hab auszer fuer essentielle sachen.
Rlg an alle
Christian
Ein Tag ohne Wein ist ein Tag wie ohne Bier
- Theo
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Re: 620cc
Ein paar Tage sind vergangen, die Arbeit hat mich fest im Griff.
Aufgrund des fortgeschrittenen, fast schon greisenhaften Alters habe ich den Faden verloren - wo waren wir zuletzt? Ah ja, Zylinderkopfdichtung und Grundlagen der Atmungsmechanik!
Mit Steckenpferden verhält es sich zum Glück so, daß sich selbst die größte Gedächtnislücke wie durch ein Wunder von selber schließt, gelle!
Die richtige Zylinderkopfdichtung war gefunden und Teile der Atmungsorgane wurden beschrieben und befanden sich teilweise schon an ihrem Platz - vorerst! Denn das Werk war noch lange nicht vollbracht.
Es folgte das Eingraden der Nockenwelle. Es seien kurz ein paar Begrifflichkeiten eingestreut, um die folgenden Arbeitsschritte dem breiten Leserkreis in der Theorie näher zu bringen.
Überschneidung: der Punkt der Ventilerhebungskurve, an dem beide Ventile genau gleich weit geöffnet sind. Dabei ist das Auslaßventil schließend und das Einlaßventil öffnend.
OT: oberer Totpunkt der Kolbenbewegung (NICHT off topic )
früh: Überschneidung VOR OT
spät: Überschneidung nach OT
Noniusraderl: Nockenwellenzahnrad mit mehreren Stiftbohrungen, um sie verstellen zu können
Das Einstellen/Eingraden der Nockenwelle hat einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Performance eines Motors. Das ist auch eine Stelle, an der man als gewillter Laie, auch wenn man noch so ambitioniert ist, viel kaputtmachen kann!
Worauf kommt es an? Darauf, daß die gewählte Nockenwelle, in unserem Fall eine mehrhubige und kurzsteuerzeitige, so implementiert wird, daß das früher schon erwähnte Motorkonzept zielstrebig verfolgt wird. Und es kommt weiters darauf an, daß die sekundären Steuerorgane, hier der Einfachheit halber "Ventile" genannt, im Rahmen des mechanischen Ablaufs vor Kollisionen geschützt werden.
Ich darf kurz daran erinnern, daß ich bisher erheblich in die Mechanik des originalen Motors eingegriffen habe. Das hatte natürlich Folgen, dergestalt daß durch Absenken des Zylinderkopfes in Form von Planfräsen, durch das Verwenden einer dünneren Zylinderkopfdichtung und durch die höherhubige Nockenwelle eine zwangsweise intensivere Annäherung von Kolbenboden und Ventiltellern stattfand. Der größere Kolben mit seinen neuen Ventiltaschenpositionen mußte ebenfalls berücksichtigt werden. Da es sich um eine dreidimensionale Bewegung der Teile zueinander handelt und die Platzverhältnisse beengt waren, lohnte sich in jedem Fall eine investigative Betrachtung in Form eines bzw. mehrerer Probeaufbauten.
Dazu montierte ich die Nockenwelle samt Steuerkette und dem ganzen Zeuchs in 0-Position wie original. Natürlich auch die Übertragungsorgane mit null Ventilspiel. Die Ventilrückstellkraft realisierte ich mit schwachen Ersatzfedern, es geht aber auch mit den originalen Innenfedern. Als Gegenhalter für die Nockenwelle am linken Lager habe ich mir mal eine Vorrichtung gebaut, weil es mit dem kompletten Kipphebelgehäuse bei der folgenden Mehrfachmontage für mich zu aufwändig wäre und ich im Grunde ein fauler Zeitgenosse bin.
Aufgrund der körperlichen Gestaltung war es mir nicht möglich (gilt auch heute noch!), den Bewegungsablauf der Teile zueinander durch das Kerzenloch zu betrachten. Ein Endoskop erfüllte nicht meine Anforderungen! Zum Glück gibt es flexible Massen wie z.B. Knetgummi. Wenn man damit die Ventiltaschen im Kolben vorsichtig garniert, ermöglicht eine Betrachtung des Abdrucks nach einer vollständigen Umdrehung (also eigentlich zwei Umdrehungen, aber EIN Arbeitszyklus) den hoffentlich verbliebenen Spalt zwischen Ventilteller und Ventiltasche. Aufgrund der Dynamik bei Erwärmung und hohen Drehzahlen sollte mindestens ein Millimeter Spalt bleiben.
Weitere detaillierte Erläuerungen, insbesondere zur Betrachtung der Steuerzeiten, folgen.
LG
Theo
Aufgrund des fortgeschrittenen, fast schon greisenhaften Alters habe ich den Faden verloren - wo waren wir zuletzt? Ah ja, Zylinderkopfdichtung und Grundlagen der Atmungsmechanik!
Mit Steckenpferden verhält es sich zum Glück so, daß sich selbst die größte Gedächtnislücke wie durch ein Wunder von selber schließt, gelle!
Die richtige Zylinderkopfdichtung war gefunden und Teile der Atmungsorgane wurden beschrieben und befanden sich teilweise schon an ihrem Platz - vorerst! Denn das Werk war noch lange nicht vollbracht.
Es folgte das Eingraden der Nockenwelle. Es seien kurz ein paar Begrifflichkeiten eingestreut, um die folgenden Arbeitsschritte dem breiten Leserkreis in der Theorie näher zu bringen.
Überschneidung: der Punkt der Ventilerhebungskurve, an dem beide Ventile genau gleich weit geöffnet sind. Dabei ist das Auslaßventil schließend und das Einlaßventil öffnend.
OT: oberer Totpunkt der Kolbenbewegung (NICHT off topic )
früh: Überschneidung VOR OT
spät: Überschneidung nach OT
Noniusraderl: Nockenwellenzahnrad mit mehreren Stiftbohrungen, um sie verstellen zu können
Das Einstellen/Eingraden der Nockenwelle hat einen nicht unerheblichen Einfluß auf die Performance eines Motors. Das ist auch eine Stelle, an der man als gewillter Laie, auch wenn man noch so ambitioniert ist, viel kaputtmachen kann!
Worauf kommt es an? Darauf, daß die gewählte Nockenwelle, in unserem Fall eine mehrhubige und kurzsteuerzeitige, so implementiert wird, daß das früher schon erwähnte Motorkonzept zielstrebig verfolgt wird. Und es kommt weiters darauf an, daß die sekundären Steuerorgane, hier der Einfachheit halber "Ventile" genannt, im Rahmen des mechanischen Ablaufs vor Kollisionen geschützt werden.
Ich darf kurz daran erinnern, daß ich bisher erheblich in die Mechanik des originalen Motors eingegriffen habe. Das hatte natürlich Folgen, dergestalt daß durch Absenken des Zylinderkopfes in Form von Planfräsen, durch das Verwenden einer dünneren Zylinderkopfdichtung und durch die höherhubige Nockenwelle eine zwangsweise intensivere Annäherung von Kolbenboden und Ventiltellern stattfand. Der größere Kolben mit seinen neuen Ventiltaschenpositionen mußte ebenfalls berücksichtigt werden. Da es sich um eine dreidimensionale Bewegung der Teile zueinander handelt und die Platzverhältnisse beengt waren, lohnte sich in jedem Fall eine investigative Betrachtung in Form eines bzw. mehrerer Probeaufbauten.
Dazu montierte ich die Nockenwelle samt Steuerkette und dem ganzen Zeuchs in 0-Position wie original. Natürlich auch die Übertragungsorgane mit null Ventilspiel. Die Ventilrückstellkraft realisierte ich mit schwachen Ersatzfedern, es geht aber auch mit den originalen Innenfedern. Als Gegenhalter für die Nockenwelle am linken Lager habe ich mir mal eine Vorrichtung gebaut, weil es mit dem kompletten Kipphebelgehäuse bei der folgenden Mehrfachmontage für mich zu aufwändig wäre und ich im Grunde ein fauler Zeitgenosse bin.
Aufgrund der körperlichen Gestaltung war es mir nicht möglich (gilt auch heute noch!), den Bewegungsablauf der Teile zueinander durch das Kerzenloch zu betrachten. Ein Endoskop erfüllte nicht meine Anforderungen! Zum Glück gibt es flexible Massen wie z.B. Knetgummi. Wenn man damit die Ventiltaschen im Kolben vorsichtig garniert, ermöglicht eine Betrachtung des Abdrucks nach einer vollständigen Umdrehung (also eigentlich zwei Umdrehungen, aber EIN Arbeitszyklus) den hoffentlich verbliebenen Spalt zwischen Ventilteller und Ventiltasche. Aufgrund der Dynamik bei Erwärmung und hohen Drehzahlen sollte mindestens ein Millimeter Spalt bleiben.
Weitere detaillierte Erläuerungen, insbesondere zur Betrachtung der Steuerzeiten, folgen.
LG
Theo
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Si libet, licet! Aelius Spartianus
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- motorang
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Re: 620cc
Hallo Theo, Du hast PN wegen einer Nockenwellenfrage.
Gryße!
Andreas, der motorang
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Die häufigsten Ursachen für Vergaserprobleme finden sich im Zündungsbereich * Bucheli-Projekt
- Theo
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Re: 620cc
Bei der Gelegenheit schaute ich mir die in dieser Einstellung aktuellen Steuerzeiten mit null Ventilspiel an. Zwei Meßuhren, ein passender Halter und ein gradiertes Polrad bringen die Wahrheit dem Lichte entgegen. Mit dieser Methode konnte ich haargenau feststellen, wo der Überschneidungspunkt beider Ventilkurven lag, früh (vor OT) oder spät (nach OT) oder genau drauf.
Abstecher:
ohne jetzt zu tief in diese Thematik einsteigen zu wollen, denn das würde ein kleines Büchlein füllen, kann man (oder frau) generell feststellen, daß eine Einstellung auf "früh" für mehr Füllung und damit mehr Drehmoment im unteren Drehzahlbereich sorgt und "spät" eben konträr dazu.
"Früh" bedeutet bei unseren Motoren etwa 5°vOT bis OT.
Mit dem Noniusraderl ist der gewissenhafte Monteur in der Lage, seine Nockenwelle ziemlich genau auf seine Bedürfnisse zu positionieren.
Ich kenne drei Varianten: das "hiha`sche", das von KEDO und das von Megacycle. Sie unterscheiden sich in den Bohrungsabständen und damit in den Verstellschritten.
Ich verwende gerne das erstere. Es ermöglicht Schrittweiten von 2.35°. Es gibt Meinungen, daß Schrittweiten unter 2-3° für den Normalsterblichen kaum fühlbar sind. Das kann ich nicht beurteilen, aber es scheint mir plausibel.
Die normal nutzbare Bandbreite bei unseren Motoren beträgt 5°vOT bis 10°nOT. In Extremfällen wird davon abgewichen. Die hiha1-Nockenwelle (für sportlichen Einsatz) kann man z.B. auf spät fahren und dann gemütlich bis 9000 1/min oder mehr drehen, wenn`s der Motor hergibt.
Abstecher Ende
Ich mag bei diesem Motor keine hohen Drehzahlen, siehe dazu vorige Beiträge. Bei maximal 7000 1/min ist Schluß. Dafür sind die Ventilfedern auch ausgesucht und eingestellt worden. Aus dieser Maxime und meinem fanatischen Wunsch nach Dunst aus dem Keller folgt zwangsläufig eine frühe Einstellung der Nockenwelle.
Berücksichtigen muß man hierbei die verwendete Steuerkette. Ist sie gebraucht, stelle ich direkt die gewünschte Steuerzeit ein. Ist sie neu, stelle ich sie drei Grad früher, weil sich die Kette im Betrieb schnell längt und die Steuerzeiten auf spät wandern. Das ist u.a. auch ein Teil des Geheimnisses, warum alte Motoren manchmal so hoch drehen können, weil sich deren Nockenwelle durch die Längung der Steuerkette auf spät gestellt hat.
Warum 3°? Ist ein Bauchgefühl.
Abstecher:
ohne jetzt zu tief in diese Thematik einsteigen zu wollen, denn das würde ein kleines Büchlein füllen, kann man (oder frau) generell feststellen, daß eine Einstellung auf "früh" für mehr Füllung und damit mehr Drehmoment im unteren Drehzahlbereich sorgt und "spät" eben konträr dazu.
"Früh" bedeutet bei unseren Motoren etwa 5°vOT bis OT.
Mit dem Noniusraderl ist der gewissenhafte Monteur in der Lage, seine Nockenwelle ziemlich genau auf seine Bedürfnisse zu positionieren.
Ich kenne drei Varianten: das "hiha`sche", das von KEDO und das von Megacycle. Sie unterscheiden sich in den Bohrungsabständen und damit in den Verstellschritten.
Ich verwende gerne das erstere. Es ermöglicht Schrittweiten von 2.35°. Es gibt Meinungen, daß Schrittweiten unter 2-3° für den Normalsterblichen kaum fühlbar sind. Das kann ich nicht beurteilen, aber es scheint mir plausibel.
Die normal nutzbare Bandbreite bei unseren Motoren beträgt 5°vOT bis 10°nOT. In Extremfällen wird davon abgewichen. Die hiha1-Nockenwelle (für sportlichen Einsatz) kann man z.B. auf spät fahren und dann gemütlich bis 9000 1/min oder mehr drehen, wenn`s der Motor hergibt.
Abstecher Ende
Ich mag bei diesem Motor keine hohen Drehzahlen, siehe dazu vorige Beiträge. Bei maximal 7000 1/min ist Schluß. Dafür sind die Ventilfedern auch ausgesucht und eingestellt worden. Aus dieser Maxime und meinem fanatischen Wunsch nach Dunst aus dem Keller folgt zwangsläufig eine frühe Einstellung der Nockenwelle.
Berücksichtigen muß man hierbei die verwendete Steuerkette. Ist sie gebraucht, stelle ich direkt die gewünschte Steuerzeit ein. Ist sie neu, stelle ich sie drei Grad früher, weil sich die Kette im Betrieb schnell längt und die Steuerzeiten auf spät wandern. Das ist u.a. auch ein Teil des Geheimnisses, warum alte Motoren manchmal so hoch drehen können, weil sich deren Nockenwelle durch die Längung der Steuerkette auf spät gestellt hat.
Warum 3°? Ist ein Bauchgefühl.
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Re: 620cc
Es wäre Glück, wenn man gleich auf Anhieb die richtige Einstellung der Nockenwelle erwischt. Ich benötige meist zwei bis drei Versuche, bis ich meine Wunscheinstellung erreicht habe. (Die hervorragende Anleitung (aus dem SR-Forum?) macht`s möglich.) Das ist der Moment, an dem die Knete zum Einsatz kommt! Die Ventiltaschen des Kolbens werden im Randbereich mit einer nicht zu feisten Schicht "beklebt, um über einen Arbeitszyklus die Abdrücke zu erzeugen und nach der Demontage aus den Spuren zu lesen, s. frühere Ausführungen. Es bietet sich an, die Ventilteller an der Brennraumseite einzuölen oder einzufetten, damit der Schmonzes am Kolben haften bleibt und wir einen herrlichen Abdruck erhalten.
Nachdem das erfolgte, schnitt ich mit einem Skalpell jeden Abdruck (AV und EV) mittig in der Tasche in Fahrtrichtung und jeweils winklig rechts und links daneben durch, ein Dreischnitt sozusagen. Wenn man die vorsichtig abpopelt, erhält man einen ziemlich guten Eindruck davon, wie dicht der Ventilteller an die Kolbentaschen(kanten) heranreicht. Bei meinen Projekten kommt es öfter vor, daß ich die Taschenkanten an den kritischen Stellen nacharbeiten muß, in schlimmen Fällen sogar die Taschentiefe. Die Kanten arbeite ich mit einem Handfräser nach, für die Taschen muß der Kolben wieder ausgebaut und nachgefräst werden.
Aber soweit sind wir noch nicht! Das wäre zu einfach. Aufgrund der Dynamik bei hohen Drehzahlen, z.B. das Ventil folgt nicht 100prozentig der vorgesehenen Bahn, der thermischen Ausdehnung der Teile durch Erwärmung und Veränderung in der räumlichen Nähe der Teile zueinander durch z.B. eine sich längende Steuerkette ist man gut beraten, zusätzliche Sicherheitsbetrachtungen hinsichtlich der Teilekollision durchzuführen.
Will heißen, daß die gerade beschriebene Prozedur noch zweinmal wiederholt wird. Und zwar einmal mit Frühverstellung und Spätverstellung der Nockenwelle. Ich habe mich für 5° in beide Richtungen entschieden - bisher hat es gepaßt. Das bedeutet, daß man alles noch zweimal zerlegen und wieder neu mit veränderter Einstellung der Nockenwelle probieren muß, inkl. Reinigen und neu Bekneten. Wer gewissenhaft ist, überprüft die Einstellungen anhand der Steuerzeiten.
Wenn das alles erledigt ist, gilt es zu überlegen, ob die Taschen nachgearbeitet werden müssen. Wie schon beschrieben, sollte an jeder Stelle mindestens ein Millimeter "Luft" bleiben, es darf auch gerne ein paar Zehntel mehr sein. Da der Kolben schon (fest) eingebaut ist, empfiehlt sich beim Kantenbearbeiten konsequentes Abdecken des Spaltes zwischen Kolben und Zylinderwand. Die kleinen Späne wandern überall hin, die Schweine!
Den Spalt zwischen den Ventiltellern im Überschneidungs-OT mag man sich interessehalber anschauen. Einfach geht es, wenn man Zylinderkopf, Nockenwelle, Ventile und Kipphebel inkl. Gehäuse zusammensteckt und auf den Kopf dreht. Die Nockenwelle auf OT gestellt und schon sieht man das Ganze in voller Pracht vor sich. Und der Abstand der Ventilteller zueinander ist direkt meßbar. Wer etwas Phantasie hat, kann sich beim Betrachten des Szenarios vorstellen, wie im Überschneidungs-OT bei verschiedenen Drehzahlen die Gasteilchen da rumsausen.
Die Penibelsten würden jetzt noch anmerken, daß die Knetorgie im peripheren Bereich der Brennraumgeometrie, also am Eckpunkt von Zylinderwand, Zylinderkopf und Kolben Sinn macht. Dann könnte man beim Taschenfräsen auch gleich den Kolbenboden nacharbeiten, wenn es nötig sein sollte. Damit ändert sich wieder die Verdichtung, die Zylinderkopfdichtung paßt evtl. nicht usw....
Nochmal off topic: bei einem klassischen Mehrnockenwellenmotor mit jeweiliger Verstellmöglichkeit der Einzelnockenwellen ist es möglich, durch Verdrehen der Wellen zueinander die Spreizung der Einlaß- und Auslaßnocken zu verändern und damit die Charakteristik der Gasdynamik, was wiederum die Performance des Vortriebsaggregates beeinflußt. Wozu braucht die Welt so etwas? Nun, z.B. zum Ausprobieren bei Neuentwicklungen oder auch zum Anpassen der Motorcharakteristik an verschiedene Rennstreckenprofile. Damit genug, denn ich bin schon dicht am Rande, einen Teil der Leserschaft zu langweilen oder gar zu verlieren.
Das Ergebnis der ganzen Spielerei:
die Nockenwelle steht mit Überschneidung auf OT, die Steuerzeiten EV (17/50) und AV (51/16) sind symmetrisch zum OT. Der Ventilhub im Überschneidungs-OT beträgt 2.5mm, der maximale Ventilhub 11.5mm, die Spreizung liegt bei 105.5°.
Wer bisher gut aufgepaßt hat, wird feststellen, daß man folgende charakterliche Eigenschaften mitbringen sollte, um einen getunten Motor sachgerecht zu montieren:
Ruhe, Geduld, Gewissenhaftigkeit und den Willen, niemals aufzugeben!
Im nächsten Teil könnte ich etwas zu den Ventilfedern und deren Auslegung sagen. Mal sehen...
Gruß
Theo
Nachdem das erfolgte, schnitt ich mit einem Skalpell jeden Abdruck (AV und EV) mittig in der Tasche in Fahrtrichtung und jeweils winklig rechts und links daneben durch, ein Dreischnitt sozusagen. Wenn man die vorsichtig abpopelt, erhält man einen ziemlich guten Eindruck davon, wie dicht der Ventilteller an die Kolbentaschen(kanten) heranreicht. Bei meinen Projekten kommt es öfter vor, daß ich die Taschenkanten an den kritischen Stellen nacharbeiten muß, in schlimmen Fällen sogar die Taschentiefe. Die Kanten arbeite ich mit einem Handfräser nach, für die Taschen muß der Kolben wieder ausgebaut und nachgefräst werden.
Aber soweit sind wir noch nicht! Das wäre zu einfach. Aufgrund der Dynamik bei hohen Drehzahlen, z.B. das Ventil folgt nicht 100prozentig der vorgesehenen Bahn, der thermischen Ausdehnung der Teile durch Erwärmung und Veränderung in der räumlichen Nähe der Teile zueinander durch z.B. eine sich längende Steuerkette ist man gut beraten, zusätzliche Sicherheitsbetrachtungen hinsichtlich der Teilekollision durchzuführen.
Will heißen, daß die gerade beschriebene Prozedur noch zweinmal wiederholt wird. Und zwar einmal mit Frühverstellung und Spätverstellung der Nockenwelle. Ich habe mich für 5° in beide Richtungen entschieden - bisher hat es gepaßt. Das bedeutet, daß man alles noch zweimal zerlegen und wieder neu mit veränderter Einstellung der Nockenwelle probieren muß, inkl. Reinigen und neu Bekneten. Wer gewissenhaft ist, überprüft die Einstellungen anhand der Steuerzeiten.
Wenn das alles erledigt ist, gilt es zu überlegen, ob die Taschen nachgearbeitet werden müssen. Wie schon beschrieben, sollte an jeder Stelle mindestens ein Millimeter "Luft" bleiben, es darf auch gerne ein paar Zehntel mehr sein. Da der Kolben schon (fest) eingebaut ist, empfiehlt sich beim Kantenbearbeiten konsequentes Abdecken des Spaltes zwischen Kolben und Zylinderwand. Die kleinen Späne wandern überall hin, die Schweine!
Den Spalt zwischen den Ventiltellern im Überschneidungs-OT mag man sich interessehalber anschauen. Einfach geht es, wenn man Zylinderkopf, Nockenwelle, Ventile und Kipphebel inkl. Gehäuse zusammensteckt und auf den Kopf dreht. Die Nockenwelle auf OT gestellt und schon sieht man das Ganze in voller Pracht vor sich. Und der Abstand der Ventilteller zueinander ist direkt meßbar. Wer etwas Phantasie hat, kann sich beim Betrachten des Szenarios vorstellen, wie im Überschneidungs-OT bei verschiedenen Drehzahlen die Gasteilchen da rumsausen.
Die Penibelsten würden jetzt noch anmerken, daß die Knetorgie im peripheren Bereich der Brennraumgeometrie, also am Eckpunkt von Zylinderwand, Zylinderkopf und Kolben Sinn macht. Dann könnte man beim Taschenfräsen auch gleich den Kolbenboden nacharbeiten, wenn es nötig sein sollte. Damit ändert sich wieder die Verdichtung, die Zylinderkopfdichtung paßt evtl. nicht usw....
Nochmal off topic: bei einem klassischen Mehrnockenwellenmotor mit jeweiliger Verstellmöglichkeit der Einzelnockenwellen ist es möglich, durch Verdrehen der Wellen zueinander die Spreizung der Einlaß- und Auslaßnocken zu verändern und damit die Charakteristik der Gasdynamik, was wiederum die Performance des Vortriebsaggregates beeinflußt. Wozu braucht die Welt so etwas? Nun, z.B. zum Ausprobieren bei Neuentwicklungen oder auch zum Anpassen der Motorcharakteristik an verschiedene Rennstreckenprofile. Damit genug, denn ich bin schon dicht am Rande, einen Teil der Leserschaft zu langweilen oder gar zu verlieren.
Das Ergebnis der ganzen Spielerei:
die Nockenwelle steht mit Überschneidung auf OT, die Steuerzeiten EV (17/50) und AV (51/16) sind symmetrisch zum OT. Der Ventilhub im Überschneidungs-OT beträgt 2.5mm, der maximale Ventilhub 11.5mm, die Spreizung liegt bei 105.5°.
Wer bisher gut aufgepaßt hat, wird feststellen, daß man folgende charakterliche Eigenschaften mitbringen sollte, um einen getunten Motor sachgerecht zu montieren:
Ruhe, Geduld, Gewissenhaftigkeit und den Willen, niemals aufzugeben!
Im nächsten Teil könnte ich etwas zu den Ventilfedern und deren Auslegung sagen. Mal sehen...
Gruß
Theo
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Re: 620cc
Soooo, Faden wieder aufnehmen...Ventilfedern ist das Stichwort!
Auch ein Thema, zu dem schon viel geschrieben wurde. Manches war verwendbar, manches einfach nur Unsinn.
Bevor ich zu meinen eingebauten Exemplaren komme, ein paar basics für das allgemeine Verständnis.
Was für ein Typ ist so eine Ventilfeder? Es handelt sich meist um ein Werkstück aus Federstahl, das es in verschiedenen Formen, Materialzusammensetzungen und eingebauten Varianten gibt. Bei den speziellen Werkstoffen kann ich jetzt nicht so laut ins Horn treten, das können andere besser. Zu den Formen sei gesagt, daß in unseren Motoren die meist verwendete zylindrische Schraubfeder zu finden ist. Wer sich dafür interessiert, wird erstaunt sein, was es so an Ventilfederformen in der Historie des Viertaktmotors hervorgebracht hat. Bei den eingebauten Varianten rede ich von Einzelfedern oder paarig eingebauten - beide interessant für unsere Motoren.
Was macht so eine Ventilfeder eigentlich? Physikalisch ist sie ein mechanischer Energiespeicher. Das Ventil wird (in unserer Anwendung) über Nockenwelle und Kipphebel erbarmungslos gezwungen, sich zu erheben und seinen Sitz zu verlassen. Über den oberen Federteller stützt es sich auf der Ventilfeder ab, die nicht ganz wehrlos eine Kompression hinnehmen muß. Weil diese das eben nicht möchte, baut sie mit zunehmender Längeneinbuße eine stärker werdende Gegenkraft auf. Die Feder speichert Energie, um es dem Kipphebel und der Nockenwelle mal so richtig zu zeigen. Wenn die Nockenwelle mit ihrem höchsten Punkt den Kipphebel massiert, ist der Zeitpunkt der Rache für die Feder gekommen.
Nun kann sich ihre ganze aufgestaute Wut - nein, Kraft - entfalten und sie hilft dem Ventil bei der Arbeitsbewegung in Richtung Sitz und entspannt sich dabei. Wenn sie gut ist, hält die Feder das System Ventil, Kipphebel und Nockenwelle ständig in direktem Kontakt. Schafft sie das nicht, kommt es zum "Ventilflattern". Dabei verläßt das Ventil die theoretisch vorgegebene Bahn, die wir graphisch in der Ventilerhebungskurve VEK bewundern können.
Anhand der früher gemachten Ausführungen kann sich auch der technische Laie vorstellen, daß es aufgrund der knappen geometrischen Verhältnisse, vor allem bei "heißen" Aggregaten, bei Ventilflattern zu Kollisionen mit dem Kolben oder dem anderen Ventil kommen könnte. Das Ganze ist wegen der Massen der bewegten Teile drehzahlabhängig - irgendwann ist die physikalische Grenze erreicht. Außerdem kann ein Verlassen der theoretischen Bahn dazu führen, daß das Ventil unsanft mit hoher Geschwindigkeit stumpf auf den Sitzring knallt. Wer schon mal ungebremst auf den Arsch gefallen ist, hat eine Vorstellung von dem, was ich zum Ausdruck bringen möchte.
Der Standardbausatz von Yamaha für unsere 500er-Motoren ist bekannt. Paarig eingebaut, eine Innen- und eine Außenfeder mit kaum bis gar nicht vorhandener Reibdämpfung. Äh, Reibdämpfung? Wenn die beiden paarigen Federn stramm ineinander sitzen, berühren sie sich gegeneinander bei Bewegung und verhindern über diese Reibung ein unkontrolliertes Schwingen (so mein Kenntnisstand dazu). Mit einem Versuchsaufbau und einer Stroboskoplampe kann man prima Versuche machen, ist für mich aber nicht sooo interessant und eh nicht durchführbar. Die Gleitreibung erzeugt keine Späne, da die Federn üblicherweise im Öldunst arbeiten.
Im Großen und Ganzen funktioniert die etwa 1975 erfundene Federmechanik in unseren Motoren bis heute recht zuverlässig. Es gibt tatsächlich Leute, die behaupten, der Federsatz sei für die Anwendung überdimensioniert, was für eine Anwendung in der Serie gut und "narrensicher" ist. Mit einem c von 65N/mm ist die Federrate recht hoch. Bei einem Anfangsdruck von ca. 230N erreichen wir nach 10-10.5mm über 90kg Enddruck!
Leider gibt es wenig Möglichkeiten, am Standardmaterial darauf Einfluß zu nehmen. Diese Kraft muß die Kipphebelachse voll aufnehmen und an das Gehäuse weitergeben. Wegen der Drehbewegung der Achse (vor der 48T-Ära) kommt es an dieser Stelle zu Verschleiß. Zusätzlich ist die Hertz`sche Pressung am Berührungspunkt Nockenwelle/Kipphebel sehr hoch und bei Öl(-druck)mangel setzt zügigst Verschleiß ein. Das grob in kurzen Worten dazu.
Es gilt für den engagierten Motorüberarbeiter, die bewegten Massen zu reduzieren, um
a. den Verschleiß an beschriebener Stell zu mindern
b. höherhubige Nocken ohne allzu große zusätzliche Federkraft verwenden zu können.
Masse sparen kann man am Ventil (leichtere Werkstoffe), an der Feder, am Federteller und seiner Befestigung sowie an Übertragungsteilen, sprich Kipphebel und Einstellschrauben bei XT/TT/SR.
- Ventil fiel für mich aus, weil ich mich für ein umgearbeitetes 49er Citroen-EV entschieden hatte, Auslaß blieb Standard.
- Kipphebelbearbeitung entfiel ebenso, weil der Hans über einen Trägheitsversuch nachgewiesen hat, daß es wenig bringt. ich glaube seinen Ausführungen. Natürlich gibt es hier und da ein paar Stellen, wo man etwas entfernen kann.
- bei den Einstellschrauben geht was! Es gibt kürzere von anderen Yamaha-Modellen, und die Mutter kann man aus leichterem Werkstoff hernehmen.
- am Federteller gibt der Nachmarkt eine Fülle von verschiedenen tops her, von Alu- über Titanlegierungen bis zu herkömmlichen Stahltellern. Sie müssen allerdings zu unseren gewählten Federn passen! Dafür gibt es u.a. Bearbeitungsmaschinen, um nachzuhelfen. Ohne die geht eh nix beim Tuning.
- am meisten reißen wir bei der Feder raus. Die originalen wiegen 92-93g im Paket. . Dieser Wert kann im günstigsten Fall nahezu halbiert werden, wenn man sich für Alternativen entscheidet.
Es war eine lange Rechnerei und viel Hin und Her, bis ich endlich alles erleichtert, gewogen, gemessen und bedacht hatte. Die bewegten Massen, die gewünschte Enddrehzahl und der Graph der VEK waren die limitierenden Faktoren zur Abschätzung der erforderlichen Federenddrücke bei maximalem Hub.
Die Geometrie von Feder und Teller spielte natürlich auch eine Rolle. Ich muß zugeben, daß mich dieser Part am meisten Gehirnschmalz gekostet hat und ich viel zeit mit dem Thema verbracht habe. Glücklicherweise konnte ich in diesem wie auch in anderen Punkten immer wieder auf das Fachwissen und die Erfahrung der Forumsmitglieder zurückgreifen.
So, genug geschwafelt. ich habe mich für die Verwendung von Einzelfedern entschieden, weil sie den größten Gewichtsvorteil brachten, weil sie für einen Nockenhub bis 12mm verfügbar waren und ich passende Federteller auftreiben konnte. Leider gibt es sie nicht mehr .
Mit 48g Federgewicht und einem gegenüber Serie höheren Anfangsdruck bei einem finalen Enddruck von knapp über 80kg bei 11.5mm Hub habe ich weniger Belastung auf den übertragenden Teilen bei gleichzeitig mehr Ventilhub erreicht. Da freut sich der Motorenfetischist .
Was die übertragenden Teile angeht, so habe ich die Achslagerungen des Kipphebelgehäuses so umgestaltet, daß die Kipphebelachsen nicht mehr drehbar sind. Bei stärker modifizierten Motoren mit höheren Federkräften vertraue ich auf die eingesetzten Bronzebuchsen von Christian (Hudriwudri), die für mich die technisch beste Lösung darstellt und das ewige Leben garantiert.
Freundlicherweise muß ich dazu anmerken, daß es tunlichst untersagt ist, den Motor über die Nenndrehzahl zu bringen. Es ist schon knapp kalkuliert und ich werde sicherlich irgendwann auf einer Geraden mal einen waghalsigen Selbstversuch wagen, was mit der Kombi möglich ist. Aber generell möchte ich mich im Bereich von 3500 bis 6000 1/min tummeln. Ich könnte jetzt nach 700km schon was dazu sagen, tu ich aber net.
Gruß
Theo
PS: ich bin nicht abgeneigt gegenüber korrigierenden Einwürfen seitens der Fachwelt. Schließlich soll kein Unsinn verbreitet werden.
PPS: ich bitte auf Knien um Vergebung, daß ich viele Dinge aus zeitlichen Gründen nur am Rande beschreiben kann, aber das ist meine Zeit und die ist mir heilig. Sonst wäre ich Schriftsteller geworden...
Auch ein Thema, zu dem schon viel geschrieben wurde. Manches war verwendbar, manches einfach nur Unsinn.
Bevor ich zu meinen eingebauten Exemplaren komme, ein paar basics für das allgemeine Verständnis.
Was für ein Typ ist so eine Ventilfeder? Es handelt sich meist um ein Werkstück aus Federstahl, das es in verschiedenen Formen, Materialzusammensetzungen und eingebauten Varianten gibt. Bei den speziellen Werkstoffen kann ich jetzt nicht so laut ins Horn treten, das können andere besser. Zu den Formen sei gesagt, daß in unseren Motoren die meist verwendete zylindrische Schraubfeder zu finden ist. Wer sich dafür interessiert, wird erstaunt sein, was es so an Ventilfederformen in der Historie des Viertaktmotors hervorgebracht hat. Bei den eingebauten Varianten rede ich von Einzelfedern oder paarig eingebauten - beide interessant für unsere Motoren.
Was macht so eine Ventilfeder eigentlich? Physikalisch ist sie ein mechanischer Energiespeicher. Das Ventil wird (in unserer Anwendung) über Nockenwelle und Kipphebel erbarmungslos gezwungen, sich zu erheben und seinen Sitz zu verlassen. Über den oberen Federteller stützt es sich auf der Ventilfeder ab, die nicht ganz wehrlos eine Kompression hinnehmen muß. Weil diese das eben nicht möchte, baut sie mit zunehmender Längeneinbuße eine stärker werdende Gegenkraft auf. Die Feder speichert Energie, um es dem Kipphebel und der Nockenwelle mal so richtig zu zeigen. Wenn die Nockenwelle mit ihrem höchsten Punkt den Kipphebel massiert, ist der Zeitpunkt der Rache für die Feder gekommen.
Nun kann sich ihre ganze aufgestaute Wut - nein, Kraft - entfalten und sie hilft dem Ventil bei der Arbeitsbewegung in Richtung Sitz und entspannt sich dabei. Wenn sie gut ist, hält die Feder das System Ventil, Kipphebel und Nockenwelle ständig in direktem Kontakt. Schafft sie das nicht, kommt es zum "Ventilflattern". Dabei verläßt das Ventil die theoretisch vorgegebene Bahn, die wir graphisch in der Ventilerhebungskurve VEK bewundern können.
Anhand der früher gemachten Ausführungen kann sich auch der technische Laie vorstellen, daß es aufgrund der knappen geometrischen Verhältnisse, vor allem bei "heißen" Aggregaten, bei Ventilflattern zu Kollisionen mit dem Kolben oder dem anderen Ventil kommen könnte. Das Ganze ist wegen der Massen der bewegten Teile drehzahlabhängig - irgendwann ist die physikalische Grenze erreicht. Außerdem kann ein Verlassen der theoretischen Bahn dazu führen, daß das Ventil unsanft mit hoher Geschwindigkeit stumpf auf den Sitzring knallt. Wer schon mal ungebremst auf den Arsch gefallen ist, hat eine Vorstellung von dem, was ich zum Ausdruck bringen möchte.
Der Standardbausatz von Yamaha für unsere 500er-Motoren ist bekannt. Paarig eingebaut, eine Innen- und eine Außenfeder mit kaum bis gar nicht vorhandener Reibdämpfung. Äh, Reibdämpfung? Wenn die beiden paarigen Federn stramm ineinander sitzen, berühren sie sich gegeneinander bei Bewegung und verhindern über diese Reibung ein unkontrolliertes Schwingen (so mein Kenntnisstand dazu). Mit einem Versuchsaufbau und einer Stroboskoplampe kann man prima Versuche machen, ist für mich aber nicht sooo interessant und eh nicht durchführbar. Die Gleitreibung erzeugt keine Späne, da die Federn üblicherweise im Öldunst arbeiten.
Im Großen und Ganzen funktioniert die etwa 1975 erfundene Federmechanik in unseren Motoren bis heute recht zuverlässig. Es gibt tatsächlich Leute, die behaupten, der Federsatz sei für die Anwendung überdimensioniert, was für eine Anwendung in der Serie gut und "narrensicher" ist. Mit einem c von 65N/mm ist die Federrate recht hoch. Bei einem Anfangsdruck von ca. 230N erreichen wir nach 10-10.5mm über 90kg Enddruck!
Leider gibt es wenig Möglichkeiten, am Standardmaterial darauf Einfluß zu nehmen. Diese Kraft muß die Kipphebelachse voll aufnehmen und an das Gehäuse weitergeben. Wegen der Drehbewegung der Achse (vor der 48T-Ära) kommt es an dieser Stelle zu Verschleiß. Zusätzlich ist die Hertz`sche Pressung am Berührungspunkt Nockenwelle/Kipphebel sehr hoch und bei Öl(-druck)mangel setzt zügigst Verschleiß ein. Das grob in kurzen Worten dazu.
Es gilt für den engagierten Motorüberarbeiter, die bewegten Massen zu reduzieren, um
a. den Verschleiß an beschriebener Stell zu mindern
b. höherhubige Nocken ohne allzu große zusätzliche Federkraft verwenden zu können.
Masse sparen kann man am Ventil (leichtere Werkstoffe), an der Feder, am Federteller und seiner Befestigung sowie an Übertragungsteilen, sprich Kipphebel und Einstellschrauben bei XT/TT/SR.
- Ventil fiel für mich aus, weil ich mich für ein umgearbeitetes 49er Citroen-EV entschieden hatte, Auslaß blieb Standard.
- Kipphebelbearbeitung entfiel ebenso, weil der Hans über einen Trägheitsversuch nachgewiesen hat, daß es wenig bringt. ich glaube seinen Ausführungen. Natürlich gibt es hier und da ein paar Stellen, wo man etwas entfernen kann.
- bei den Einstellschrauben geht was! Es gibt kürzere von anderen Yamaha-Modellen, und die Mutter kann man aus leichterem Werkstoff hernehmen.
- am Federteller gibt der Nachmarkt eine Fülle von verschiedenen tops her, von Alu- über Titanlegierungen bis zu herkömmlichen Stahltellern. Sie müssen allerdings zu unseren gewählten Federn passen! Dafür gibt es u.a. Bearbeitungsmaschinen, um nachzuhelfen. Ohne die geht eh nix beim Tuning.
- am meisten reißen wir bei der Feder raus. Die originalen wiegen 92-93g im Paket. . Dieser Wert kann im günstigsten Fall nahezu halbiert werden, wenn man sich für Alternativen entscheidet.
Es war eine lange Rechnerei und viel Hin und Her, bis ich endlich alles erleichtert, gewogen, gemessen und bedacht hatte. Die bewegten Massen, die gewünschte Enddrehzahl und der Graph der VEK waren die limitierenden Faktoren zur Abschätzung der erforderlichen Federenddrücke bei maximalem Hub.
Die Geometrie von Feder und Teller spielte natürlich auch eine Rolle. Ich muß zugeben, daß mich dieser Part am meisten Gehirnschmalz gekostet hat und ich viel zeit mit dem Thema verbracht habe. Glücklicherweise konnte ich in diesem wie auch in anderen Punkten immer wieder auf das Fachwissen und die Erfahrung der Forumsmitglieder zurückgreifen.
So, genug geschwafelt. ich habe mich für die Verwendung von Einzelfedern entschieden, weil sie den größten Gewichtsvorteil brachten, weil sie für einen Nockenhub bis 12mm verfügbar waren und ich passende Federteller auftreiben konnte. Leider gibt es sie nicht mehr .
Mit 48g Federgewicht und einem gegenüber Serie höheren Anfangsdruck bei einem finalen Enddruck von knapp über 80kg bei 11.5mm Hub habe ich weniger Belastung auf den übertragenden Teilen bei gleichzeitig mehr Ventilhub erreicht. Da freut sich der Motorenfetischist .
Was die übertragenden Teile angeht, so habe ich die Achslagerungen des Kipphebelgehäuses so umgestaltet, daß die Kipphebelachsen nicht mehr drehbar sind. Bei stärker modifizierten Motoren mit höheren Federkräften vertraue ich auf die eingesetzten Bronzebuchsen von Christian (Hudriwudri), die für mich die technisch beste Lösung darstellt und das ewige Leben garantiert.
Freundlicherweise muß ich dazu anmerken, daß es tunlichst untersagt ist, den Motor über die Nenndrehzahl zu bringen. Es ist schon knapp kalkuliert und ich werde sicherlich irgendwann auf einer Geraden mal einen waghalsigen Selbstversuch wagen, was mit der Kombi möglich ist. Aber generell möchte ich mich im Bereich von 3500 bis 6000 1/min tummeln. Ich könnte jetzt nach 700km schon was dazu sagen, tu ich aber net.
Gruß
Theo
PS: ich bin nicht abgeneigt gegenüber korrigierenden Einwürfen seitens der Fachwelt. Schließlich soll kein Unsinn verbreitet werden.
PPS: ich bitte auf Knien um Vergebung, daß ich viele Dinge aus zeitlichen Gründen nur am Rande beschreiben kann, aber das ist meine Zeit und die ist mir heilig. Sonst wäre ich Schriftsteller geworden...
Zuletzt geändert von Theo am So Mai 01, 2016 21:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Si libet, licet! Aelius Spartianus
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- rei97
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- Registriert: So Jul 13, 2003 20:14
- Wohnort: Denkendorf
Re: 620cc
Also:
Bei allem Respekt, aber warum gibt es nicht mehr Bilder zu Deinen Arbeiten.
Wenn ich so viel Text mit so wenigen Bildern/bearbeitetem Motor versehen würde, wüsste ich 2017 nicht mehr was ich 2016 alles gemacht habe.
Bilder sagen halt mehr als 1000 Worte
Regards
Rei97
Bei allem Respekt, aber warum gibt es nicht mehr Bilder zu Deinen Arbeiten.
Wenn ich so viel Text mit so wenigen Bildern/bearbeitetem Motor versehen würde, wüsste ich 2017 nicht mehr was ich 2016 alles gemacht habe.
Bilder sagen halt mehr als 1000 Worte
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Rei97
- Theo
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Re: 620cc
Hallo Helmut,
es gibt zu jedem meiner Motoren eine Fülle von Bildern und sonstige Dokumentationen, aber eingangs habe ich das Fehlen von Fotos bereits erläutert. Ich find's hier einfach umständlicher als im Schwesterforum...
Gruß
Theo
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- Mambu
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Re: 620cc
...Theo, sehr schön, ...da fällt mir nur etwas klugscheisserhaft ein anzumerken, dass die Ventilfedern Zylindrische Schraubendruckfedern sind....
Spiralfedern haben alte Harleys am Kickstarter...
Herzliche Grüße und bitte weiter so...
Mambu
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