Sonntag, 19.07.2009
Nach dem Verzehr der Baguettes, die wir von nun an jeden Morgen auf dem Campingplatz bestellt hatten, brechen wir um 9.30 Uhr auf nach Tende. Für die etwa 40km benötigen wir eine ganze Stunde. Als Flachlandfischköppe müssen wir uns erst auf die andere Strecken-Zeitrechnung einstellen. Die Ösis begrüßen uns auf dem Campingplatz in Tende, der wie schon befürchtet für das Internationale XT500-Treffen zu klein ist. Gemeinsam brechen wir auf, um die Ligurische Grenzkammstraße von Norden her zu befahren. Der Col de Tende ist schon der Hammer. Die ersten 70% sind noch geteert, dann geht es weiter auf Schotter. Unglaublich viele Serpentinen winden sich den Berg auf 1871m hinauf. Oben wacht das Fort Central. Es ist erstaunlich gut erhalten. Während HorXT, der nix von Forts hält, auf die XT aufpasst, klettern wir über eine Schießscharte im Südwesten in das Fort und erkunden jeden Gang und jede Etage. Auch Herbert dauert das dann doch etwas zu lange und er gibt uns ein Zeichen zum Aufbruch.
Nun soll es also los gehen. Ligurische Grenzkammstraße. Ich habe schon soviel darüber gelesen und soviel darüber gehört. Aber Schmiddos XT hat keine Lust. Sie spuckt und rotzt und fährt höchstens mal 50m. Zunächst tauschen wir die Zündkerze, doch es hat nichts gebracht. Wir versuchen es ohne Luftfilterdeckel und dann sogar ohne Luftfilter, doch wir haben keinen Erfolg. Mit Hängen und Würgen erreichen wir die wartenden Freunde und beratschlagen uns. Ok, die Schwimmerkammer muß ab, doch leider macht sie einen sehr sauberen Eindruck. Auch die Hauptdüse und der Düsenstock sehen gut aus. Also wird die Zündung mal neu eingestellt. Erfolglos. Die XT verblüfft uns zudem mit so lustigen Erscheinungen wie: sie geht aus, wenn man die Kupplung zieht oder wenn man den Gang einlegt. Mehrmals hintereinander. Das treibt die Spekulationen in ungeahnte Sphären. Nun ja, kurz bevor wir die XT den Abgrund hinunter ins Tal werfen finden wir den Fehler. Das Killschalterkabel ist blank gescheuert und bekommt ab und zu Masse. Schwamm drüber!
Nun können wir endlich ungebremst auf die Kammstraße fahren, doch schon nach 8km versperrt uns eine Schranke den Weg. Die Sperrung ist erst wenige Tage alt, wie uns ein Datum auf dem kleingedruckten Zettel verrät. Den Rest können wir nicht lesen, da niemand der italienischen Sprache mächtig ist. Schade. Auf dem Rückweg frage ich aber noch ein paar Italiener und sie erwähnen einen Erdrutsch.
Also fahren wir den westlichen Ausläufer der Kammstraße, die Baisse de Peirefique. Die Piste führt uns vom Col de Tende zunächst zum Fort de la Marguerie. Natürlich besichtigen wir es … also Herbert, Claus und ich. Schmiddo lenkt HorXT ab.
Die Piste wird später zu einer einspurigen Teerstraße und wir machen Pause auf einer Art Almwiese mit Bunkern direkt beim Baisse de Pereifique. An der Abzweigung nach Casterino fahren wir links auf der Schotterpiste weiter zum Baisse d’Ourne. Hier verzweigt die Piste ein weiteres Mal. Links fahren wir später nach Tende, und rechts geht es zum Mont Agnelino. Das alles haben sich die Ösies Tags zuvor angesehen und wissen schon was sehenswert ist. Nach kurzer Strecke kommt man zu „La Porte“, einer Lücke in den Felsen, durch die die Piste führt. Wir biegen zunächst links ab. Es ist steil und steinig und der Weg führt zu einer Art Parkplatz vor einem Bunkereingang. Glücklicherweise haben wir Taschenlampen dabei und können den Mont Agnelino komplett durchqueren, um auf der anderen Seite aus Schützenstellungen zu blicken. Zurück bei „La Porte“ nehmen wir den anderen Weg und kommen durch sehr enge Serpentinen an den Schützenstellungen vorbei auf den Gipfel des Mont Agnelino. Sehr schön.
Zurück geht es dann zur Abzweigung am Baisse d’Ourne und ins Tal nach Tende.
Wir erreichen den Ort und die Hauptstraße an seinem Südende und biegen nach Süden ab. Wir wollen noch mal schnell auf die Ligurische Kammstraße. In einer Kurve steht ein Mann mit einer großen Digitalkamera und wir winken ihm alle freundlich zu. Alle bis auf Claus, der wird dann auch gleich von der Gendarmerie rausgewunken und zu 90 Euro Bußgeld verdonnert. War wohl doch keine Digitalkamera. Wir überlegen, ob wir zurückfahren, um Claus zu helfen, doch ich denke mir, dass es vielleicht ganz gut ist, dass Claus kein französisch spricht. Eigentlich ist Claus nicht der Typ, der zu schnell fährt und er ist auch der Meinung, dass ihm die gleiche Messung wie dem Rennbrötchenfahrer vor ihm unter die Nase gerieben wurde. Aber dementieren hilft nix, er muß zahlen oder mit auf die Wache. In einem Café in St. Dalmas de Tende warten Schmiddo und ich auf Claus und die Ösis, die kurz tanken gefahren sind. Als wir vollzählig sind und Claus Geschichte gehört haben, legen wir etwas zusammen, um Claus’ Schmerz zu lindern. Wir sind ja alle froh, dass es uns nicht erwischt hat.
Gemeinsam biegen wir ab nach La Brigue und suchen den Einstieg zur Grenzkammstraße. Es ist nicht so einfach und so kommen wir auch an einem Anlieger-Frei-Schild vorbei. Gleich die erste Anliegerin beschimpft uns von einem Balkon herab. Das ist also nicht der richtige Einstieg. Wir fahren die Piste trotzdem weiter und treffen auf die richtige Piste, die uns auf den Kamm führt. Oben angekommen sind es links etwa 50km bis zum Col de Tende auf der Grenzkammstraße entlang und rechts etwa 57km bis nach Ventimiglia am Meer. Davon sind allerdings nur noch 10km Piste, der Rest ist geteert. Wir teilen uns auf. Die Ösis biegen nach links ab, da sie herausfinden möchten, ob die Kammstraße von dieser Seite auch gesperrt ist. Wir Fischköppe biegen rechts ab, und erkunden den Südzweig der Kammstraße.
An der Abzweigung zum Balcon de Marta sehen wir uns zwar kurz die Kasernenruinen an, versäumen aber zum Balcon de Marta zu fahren. Erst später erfahre ich im Internet, dass das der am stärksten befestigste Punkt der Kammstraße ist. Kurz nach dem Refugio Grai endet die Kammstraße und es geht auf italienischer Seite geteert ins Tal. Am Colla Langan biegen wir rechts nach Pigna ab und folgen dem Tal bis ans Meer. Dort biegen wir Richtung Menton ab, wo wir noch Lebensmittel einkaufen. Jetzt aber schnell nach Sospel, es wird schon dunkel und etwas frisch.
Keine Frage, wir haben es etwas übertrieben an diesem ersten Tag. Die Hintern schmerzen und wir sind echt erschöpft … und doch möchten wir keinen km missen.
