Soooo, Faden wieder aufnehmen...Ventilfedern ist das Stichwort!
Auch ein Thema, zu dem schon viel geschrieben wurde. Manches war verwendbar, manches einfach nur Unsinn.
Bevor ich zu meinen eingebauten Exemplaren komme, ein paar basics für das allgemeine Verständnis.
Was für ein Typ ist so eine Ventilfeder? Es handelt sich meist um ein Werkstück aus Federstahl, das es in verschiedenen Formen, Materialzusammensetzungen und eingebauten Varianten gibt. Bei den speziellen Werkstoffen kann ich jetzt nicht so laut ins Horn treten, das können andere besser. Zu den Formen sei gesagt, daß in unseren Motoren die meist verwendete zylindrische Schraubfeder zu finden ist. Wer sich dafür interessiert, wird erstaunt sein, was es so an Ventilfederformen in der Historie des Viertaktmotors hervorgebracht hat. Bei den eingebauten Varianten rede ich von Einzelfedern oder paarig eingebauten - beide interessant für unsere Motoren.
Was macht so eine Ventilfeder eigentlich? Physikalisch ist sie ein mechanischer Energiespeicher. Das Ventil wird (in unserer Anwendung) über Nockenwelle und Kipphebel erbarmungslos gezwungen, sich zu erheben und seinen Sitz zu verlassen. Über den oberen Federteller stützt es sich auf der Ventilfeder ab, die nicht ganz wehrlos eine Kompression hinnehmen muß. Weil diese das eben nicht möchte, baut sie mit zunehmender Längeneinbuße eine stärker werdende Gegenkraft auf. Die Feder speichert Energie, um es dem Kipphebel und der Nockenwelle mal so richtig zu zeigen. Wenn die Nockenwelle mit ihrem höchsten Punkt den Kipphebel massiert, ist der Zeitpunkt der Rache für die Feder gekommen.
Nun kann sich ihre ganze aufgestaute Wut - nein, Kraft - entfalten und sie hilft dem Ventil bei der Arbeitsbewegung in Richtung Sitz und entspannt sich dabei. Wenn sie gut ist, hält die Feder das System Ventil, Kipphebel und Nockenwelle ständig in direktem Kontakt. Schafft sie das nicht, kommt es zum "Ventilflattern". Dabei verläßt das Ventil die theoretisch vorgegebene Bahn, die wir graphisch in der Ventilerhebungskurve VEK bewundern können.
Anhand der früher gemachten Ausführungen kann sich auch der technische Laie vorstellen, daß es aufgrund der knappen geometrischen Verhältnisse, vor allem bei "heißen" Aggregaten, bei Ventilflattern zu Kollisionen mit dem Kolben oder dem anderen Ventil kommen könnte. Das Ganze ist wegen der Massen der bewegten Teile drehzahlabhängig - irgendwann ist die physikalische Grenze erreicht. Außerdem kann ein Verlassen der theoretischen Bahn dazu führen, daß das Ventil unsanft mit hoher Geschwindigkeit stumpf auf den Sitzring knallt. Wer schon mal ungebremst auf den Arsch gefallen ist, hat eine Vorstellung von dem, was ich zum Ausdruck bringen möchte.
Der Standardbausatz von Yamaha für unsere 500er-Motoren ist bekannt. Paarig eingebaut, eine Innen- und eine Außenfeder mit kaum bis gar nicht vorhandener Reibdämpfung. Äh, Reibdämpfung? Wenn die beiden paarigen Federn stramm ineinander sitzen, berühren sie sich gegeneinander bei Bewegung und verhindern über diese Reibung ein unkontrolliertes Schwingen (so mein Kenntnisstand dazu). Mit einem Versuchsaufbau und einer Stroboskoplampe kann man prima Versuche machen, ist für mich aber nicht sooo interessant und eh nicht durchführbar. Die Gleitreibung erzeugt keine Späne, da die Federn üblicherweise im Öldunst arbeiten.
Im Großen und Ganzen funktioniert die etwa 1975 erfundene Federmechanik in unseren Motoren bis heute recht zuverlässig. Es gibt tatsächlich Leute, die behaupten, der Federsatz sei für die Anwendung überdimensioniert, was für eine Anwendung in der Serie gut und "narrensicher" ist. Mit einem c von 65N/mm ist die Federrate recht hoch. Bei einem Anfangsdruck von ca. 230N erreichen wir nach 10-10.5mm über 90kg Enddruck!
Leider gibt es wenig Möglichkeiten, am Standardmaterial darauf Einfluß zu nehmen. Diese Kraft muß die Kipphebelachse voll aufnehmen und an das Gehäuse weitergeben. Wegen der Drehbewegung der Achse (vor der 48T-Ära) kommt es an dieser Stelle zu Verschleiß. Zusätzlich ist die Hertz`sche Pressung am Berührungspunkt Nockenwelle/Kipphebel sehr hoch und bei Öl(-druck)mangel setzt zügigst Verschleiß ein. Das grob in kurzen Worten dazu.
Es gilt für den engagierten Motorüberarbeiter, die bewegten Massen zu reduzieren, um
a. den Verschleiß an beschriebener Stell zu mindern
b. höherhubige Nocken ohne allzu große zusätzliche Federkraft verwenden zu können.
Masse sparen kann man am Ventil (leichtere Werkstoffe), an der Feder, am Federteller und seiner Befestigung sowie an Übertragungsteilen, sprich Kipphebel und Einstellschrauben bei XT/TT/SR.
- Ventil fiel für mich aus, weil ich mich für ein umgearbeitetes 49er Citroen-EV entschieden hatte, Auslaß blieb Standard.
- Kipphebelbearbeitung entfiel ebenso, weil der Hans über einen Trägheitsversuch nachgewiesen hat, daß es wenig bringt. ich glaube seinen Ausführungen. Natürlich gibt es hier und da ein paar Stellen, wo man etwas entfernen kann.
- bei den Einstellschrauben geht was! Es gibt kürzere von anderen Yamaha-Modellen, und die Mutter kann man aus leichterem Werkstoff hernehmen.
- am Federteller gibt der Nachmarkt eine Fülle von verschiedenen tops her, von Alu- über Titanlegierungen bis zu herkömmlichen Stahltellern. Sie müssen allerdings zu unseren gewählten Federn passen! Dafür gibt es u.a. Bearbeitungsmaschinen, um nachzuhelfen. Ohne die geht eh nix beim Tuning.
- am meisten reißen wir bei der Feder raus. Die originalen wiegen 92-93g im Paket.
. Dieser Wert kann im günstigsten Fall nahezu halbiert werden, wenn man sich für Alternativen entscheidet.
Es war eine lange Rechnerei und viel Hin und Her, bis ich endlich alles erleichtert, gewogen, gemessen und bedacht hatte. Die bewegten Massen, die gewünschte Enddrehzahl und der Graph der VEK waren die limitierenden Faktoren zur Abschätzung der erforderlichen Federenddrücke bei maximalem Hub.
Die Geometrie von Feder und Teller spielte natürlich auch eine Rolle. Ich muß zugeben, daß mich dieser Part am meisten Gehirnschmalz gekostet hat und ich viel zeit mit dem Thema verbracht habe. Glücklicherweise konnte ich in diesem wie auch in anderen Punkten immer wieder auf das Fachwissen und die Erfahrung der Forumsmitglieder zurückgreifen.
So, genug geschwafelt. ich habe mich für die Verwendung von Einzelfedern entschieden, weil sie den größten Gewichtsvorteil brachten, weil sie für einen Nockenhub bis 12mm verfügbar waren und ich passende Federteller auftreiben konnte. Leider gibt es sie nicht mehr
.
Mit 48g Federgewicht und einem gegenüber Serie höheren Anfangsdruck bei einem finalen Enddruck von knapp über 80kg bei 11.5mm Hub habe ich weniger Belastung auf den übertragenden Teilen bei gleichzeitig mehr Ventilhub erreicht. Da freut sich der Motorenfetischist
.
Was die übertragenden Teile angeht, so habe ich die Achslagerungen des Kipphebelgehäuses so umgestaltet, daß die Kipphebelachsen nicht mehr drehbar sind. Bei stärker modifizierten Motoren mit höheren Federkräften vertraue ich auf die eingesetzten Bronzebuchsen von Christian (Hudriwudri), die für mich die technisch beste Lösung darstellt und das ewige Leben garantiert.
Freundlicherweise muß ich dazu anmerken, daß es tunlichst untersagt ist, den Motor über die Nenndrehzahl zu bringen. Es ist schon knapp kalkuliert und ich werde sicherlich irgendwann auf einer Geraden mal einen waghalsigen Selbstversuch wagen, was mit der Kombi möglich ist. Aber generell möchte ich mich im Bereich von 3500 bis 6000 1/min tummeln. Ich könnte jetzt nach 700km schon was dazu sagen, tu ich aber net.
Gruß
Theo
PS: ich bin nicht abgeneigt gegenüber korrigierenden Einwürfen seitens der Fachwelt. Schließlich soll kein Unsinn verbreitet werden.
PPS: ich bitte auf Knien um Vergebung, daß ich viele Dinge aus zeitlichen Gründen nur am Rande beschreiben kann, aber das ist meine Zeit und die ist mir heilig. Sonst wäre ich Schriftsteller geworden...