Beitragvon Theo » Mi Dez 11, 2013 17:12
Hallo Pit,
vielen Dank für Deinen Input. Ich habe seinerzeit mit großem Interesse die von Dir gemachte Luftfilterentwicklung verfolgt.
Nun zur Befriedigung von Karl`s und anderer Mitleser vorhandener Neugier.
Einführung:
Die (Drehmoment-)Charakteristik eines Motors hängt sehr stark von seiner geometrischen Auslegung und der Anpassung der Teile zueinander ab, nicht nur von der Nockenwelle. Der Einfachheit halber betrachten wir den klassischen 4T-Vergaser-Saugmotor und darauf bezogen folgende Motorkonzept-Beispiele, um das mal anhand von Motorbauteilen zu verdeutlichen:
a. Rennmotor: Kurzhub mit großem Kolbend und 4 Ventilen mit langen Steuerzeiten
b. Trialmotor: Langhub mit kleinem Kolbend. und 2 Ventilen mit kurzen Steuerzeiten
Es sind natürlich noch andere Bauteile und nahezu unendlich viele Parameter zu beachten.
Um Karl`s Einwurf bezüglich der hiha-Nockenwelle zu beantworten: die verwendete Nockenwelle ist für mich nur ein Stellglied für die Zufuhr des Frischgases (also Gemisch) in den Brennraum. Ich benötige lediglich den max. Ventilhub der verwendeten Nockenwelle und ihre Charakteristik anhand der VEK (Ventilerhebungskurve). Mithilfe des Ventilhubes bestimme ich den mean flow des Einlaßkanals samt Ventil.
Aus den oben angeführten Zusammenhängen und der damit verbundenen Komplexität beschränke ich mich hier ausschließlich auf das Ansaugsystem vor dem Zylinderkopf.
Ich möchte hier nicht die Gaswechselsteuerung des schnellaufenden 4T-Ottomotors und den Einfluß der beteiligten Motorkomponenten in epischer Breite behandeln, denn das sprengt den Rahmen.
Zum Kernthema:
Die gewählte Vergasergröße hat natürlich auch einen Einfluß auf das Drehmoment des Motors bei Drehzahl n. Es gilt:
- ein großer Vergaser ist im allgemeinen eher geeignet für hohe Drehzahlen und bringt idR dort die besten Ergebnisse für eine gute Zylinderfüllung, während er bei niedrigen Drehzahlen nicht optimal funktioniert.
- ein kleiner Vergaser sorgt für eine gute Zylinderfüllung bei niedrigen Drehzahlen, hat aber Lieferschwierigkeiten bei hohen Drehzahlen und sorgt letztendlich für Drosselung und damit schlechte Zylinderfüllung und weniger Drehmoment/Leistung, also niedrigere Enddrehzahl.
Hier kommt Karl mit seiner Schiebertechnik ins Spiel und verspricht auch mit großem Vergaser eine gute Füllung im niedrigen Drehzahlband. Der große Durchmesser versorgt den Motor bis ans Ende des Drehzahlbandes mit ausreichend Frischgas für eine satte Zylinderfüllung und, wenn ich es richtig verstanden habe, durch eine verbesserte Zerstäubung für einen besseren Wirkungsgrad des Frischgases bei der Verbrennung. Die spezielle Schieberform sorgt aber gleichzeitig dafür, daß es auch im niedrigen Drehzahlbereich zu diesem Effekt kommt.
Hier jetzt bitte gedanklich einen Bruch machen!
Meine Theorie:
Ein vorhandener Einlaßkanal mit eingebautem Ventil und bekanntem Ventilhub hat einen Durchflußwert von x cfm. Idealerweise wähle ich ein Ansaugsystem aus, was genau diesen cfm-Wert bedienen kann, um maximale Drehzahl erzeugen zu können und gleichzeitig hohes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen. Dazu muß ich die cfm-Werte einzelner Komponenten und deren Kombinationen messen. Das Ansprechverhalten wird bis jetzt noch nicht berücksichtigt und im praktischen Fahrversuch durch z.B. Bedüsungsänderung feingeregelt.
Für die Wahl des optimalen Vergasers gibt es mMn keine festen Grenzen, die Grauzone ist breit und wird durch die Verfügbarkeit der Teile bzw. das subjektive Empfinden des Fahrers beeinflußt. Beispiel: wenn jemand für sich festlegt, daß er nur bis 8.000 1/min drehen will, kann er einen anderen Vergaser wählen als jemand, der mit dem gleichen Kopf bis 9.000 1/min drehen möchte.
Mein Ansatz:
Ich baue einen Zylinderkopf mit Ventil auf und messe den Einlaßkanal bis zu dem geplanten max. Ventilhub in mehreren Schritten. Im Endergebnis erhalte ich einen Durchschnittswert, den sogenannten mean flow. Dieser ist mein Ausgangswert für die Ansaugsystemgröße, den ich mindestens erreichen muß, wenn ich das Flowpotential des Kopfes voll ausschöpfen möchte.
Beispiel: ein gegebener Zylinderkopf mit einer bekannten Nockenwelle und 47mm-Einlaßventil bei 12mm max. Ventilhub ergibt einen mean flow von 130cfm. Der gewählte Vergaser, ein CR35 Keihin, liefert 165cfm. Montiere ich die Teile zusammen, ergibt sich idealerweise mit Schieber in Vollgasstellung weiterhin ein Wert von 130cfm. In der Praxis habe ich durch den entstandenen längeren Kanal Strömungsverluste. Vorgeschaltete Elemente wie Luftfilterkästen oder Sportluftfilter reduzieren den Wert weiter. Die Kunst liegt nun darin, durch Kombination verschiedener Teile und darauf folgender Messung diese Verluste so gering wie möglich zu halten und dicht an den 130cfm zu bleiben. Ist jetzt etwas einfach dargestellt, aber so besser verständlich. Vielleicht findet Christian bessere Worte.
Die Kombi von Pit ist ein Beispiel für so eine Zusammenstellung. Andere Möglichkeiten wären der Kit von Kedo oder die Alutrichter für die TMs oder der originale Filterkasten mit K&N-Tauschfilter usw.
Wer es bis hierhin verstanden hat, wird ermessen können, wie spannend die Karl`sche Entwicklung für mich ist. Es hört sich an wie eine eierlegende Wollmilchsau, aber möglicherweise funktioniert es!
Es wäre wünschenswert, diese theoretischen Betrachtungen/Messansätze parallel auf einem Leistungsprüfstand zu testen, aber das kommt für mich nicht in Frage. Ich lebe hier lediglich meinen persönlichen Spieltrieb aus.
Die von Christian angesprochene Messung im Venturibereich stellt für mich schon die nächste Messtufe dar und ist momentan noch kein Thema. Das heißt aber nicht, das daran gedanklich nicht gearbeitet wird.
Wie gesagt, das alles ist jetzt sehr einfach und oberflächlich behandelt, denn das Thema ist sehr vielschichtig und könnte in aller Breite ausgewalzt dazu führen, daß der eine oder andere interessierte Leser überfordert wird.
Ich hoffe, daß meine Ausführungen einigermaßen verständlich und nachvollziehbar sind. Es ist klar, daß das alles theoretischer Natur ist und in der Praxis durch Versuche verifiziert werden muß. Trotz allem sehe ich für mich darin eine Möglichkeit, mich „im Trockenen“ schon an eine gute Basis heranzurobben, um im Fahrversuch das Feintuning zu erledigen.
LG
Theo
PS: @Jonni: die Textverlustprobleme treten im "Zitatmodus" auf. Im "Antwortenmodus" ist alles ok.
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Si libet, licet! Aelius Spartianus