Auf der Suche nach der Handlichkeit...

In diesem Forum geht es um das Umbauen der XT (Gabel, Bremse, Tank, Sitzbank, ...)
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sven
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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon sven » Do Jan 05, 2023 12:16

Nein, natürlich nicht.
Die "S" ist überhaupt die einzig wahre XT:
Da schüttelt's einen schon bevor der Motor läuft!

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sven
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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon sven » Do Jan 05, 2023 12:40

... will sagen: in diesem speziellen Fall nicht.
Die "S" ist überhaupt die einzig wahre XT:
Da schüttelt's einen schon bevor der Motor läuft!

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Frank M
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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon Frank M » Do Jan 05, 2023 12:44

das mag so stimmen, aber so einfach ist es glaube ich nicht.

Bei einem Speedwaymoped kennzeichnet die Drehachse den Winkel, um den sich das ausbrechende Hinterrad im Drift um die Lenkachse (raus)dreht (abweichend von der engeren normalen Hinterradkurvenspur ohne Drift).

Für die normale Kurvenfahrt ohne Drift beinflusst die Masseträgheit des Mopedgewichts die Reaktionsfreudigkeit auf den Lenkimpuls (Slalomfahrt). Die Kurbelwelle hierbei nur um ihre Rotationsachse zu kippen ist leichter als die gesamte Kurbelwelle in einem Radius um die Drehachse verlagern zu müssen. Ein Motorrad mit sehr hoch liegendem Schwerpunkt (Extrembeispiel Motor auf Tankhöhe) wird sich nur widerwillig in Schräglage abkippen lassen.

Die Lage der Kurbelwelle auf der Drehachse ist sicherlich weit weniger wichtig als andere Fahrwerksgeometriedaten, aber das Thema war ja "auf der Suche nach der Handlichkeit".

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sven
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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon sven » Do Jan 05, 2023 15:49

Ich versuch's nochmal ganz von vorn ...
einen nicht unwesentlichen Anteil an der Handlichkeit hat auch die Position der Drehachse des Mopeds. Dabei zieht man rechtwinklig von der Lenkachse einen Strich zum Aufstandspunkt des Hinterrads.
Ok., du zeichnest also eine Achse ein in das Foto von der XT. Das soll eine Drehachse sein.
Was dreht sich denn wann um diese Achse?
Sicher nicht das Motorrad, wenn es sich in Schräglage neigt!

Die schnell drehende schwere Kurbelwelle erzeugt erhebliche Kreiselkräfte ...
Nein, keine Kräfte, sondern Drehmomente!

... daher sollte sie sich im Idealfall auf der Linie der Drehachse befinden.
Nein, eben weil es Drehmomente sind, ist es vollkommen gleichgültig, ob sie sich nahe
an irgendeiner Achse befinden oder weiter weg, die Wirkung ist jedesmal dieselbe!

Andernfalls muss das Moped beim Abkippen in die Kurve gegen die stabilisierenden Kreisekräfte gezwungen werden.
Dein Verständnisproblem rührt eben daher, daß du die Begriffe "Kraft" und "Drehmoment"
nicht sauber auseinanderhälst: wenn die Kurbelwelle eine der Richtungsänderung entge-
gengesetzte Kraft ausüben würde, dann wäre für die Wirkung dieser Kraft der Ab-
stand von der ominösen Achse entscheidend (weil sie dann an einem mehr oder weniger
langen Hebel wirken würde). Aber das ist nicht der Fall! Wenn die Richtung der Drehachse
der Kurbelwelle geändert wird, erzeugt das ein Drehmoment, und das hat keinen Hebel,
das wirkt immer gleich.
Das alles hat überhaupt nichts mit Präzession oder sonstigen Eigenschaften eines Kreisels
zu tun, es geht hier nur darum, daß ein Drehmoment, egal wo es an einem starren Körper
angreift, immer dieselbe Wirkung hat.
Falls du jetzt meinst, daß wenn die Kurbelwelle drei Meter über dem Kopf des Fahrers an
einer Stange montiert doch mächtig schwer von links nach rechts zu wuchten wäre: ja,
natürlich, aber das liegt dann rein an ihrer Masse und hat nichts mit ihrem Drehimpuls zu
tun.

Gruß
Sven
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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon Frank M » Do Jan 05, 2023 17:31

deine Meinung schätze ich sehr und danke dir, dass du mitdenkst und versuchst die physikalischen Zusammenhänge verständlich zu erklären. Ich lerne gern dazu...

In der Definition der Präzession wird zum Kippen eines rotierenden Kreisels um seine Rotationsachse von einer Kraft gesprochen, die abhängig von der Drehzahl (Drehimpuls) des Kreisels ist. Je höher die Drehzahl (Drehimpuls) des Kreisels ist, desto höher ist die notwendige Kraft den Kreisel zu kippen. Daher verstehe ich deinen Ansatz nicht, dass ausschließlich die Masse maßgeblich ist und der (stabilisierende) Drehimpuls der Kurbelwelle keinen Einfluss haben soll.

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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon Frank M » Do Jan 05, 2023 19:10

gibt ja inzwischen nix zu dem man im Netz nicht auch etwas finden kann.

Hier ein Beitrag in dem die Position der Kurbelwelle in Crossmopeds betrachtet wurde:
https://www.1000ps.de/businessnews-2359 ... im-mx-bike

Und hier ein Beitrag zum Thema Schwerpunkt:
https://www.motorradonline.de/ratgeber/ ... hwerpunkt/

Auch das Institut für Zweiradsicherheit hat sich mit dem Thema "Fahrstabilität von Motorrädern" beschaftigt, das PDF habe ich angehängt.
ZurFahrstabilitaetVonMotorraedern.pdf
(396.89 KiB) 60-mal heruntergeladen

Zusammenfassend ergibt sich für mich nun die Erkenntnis, die Position der rotierenden Kurbelwelle ist für das Handling des Motorrads weit weniger wichtig als die Position des Massenzentrums.

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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon sven » Fr Jan 06, 2023 9:03

Hi Frank!

Ich hatte ganz vergessen, dir meine Anerkennung
für den tollen Rahmenumbau auszusprechen!
Das hole ich hiermit ausdrücklich nach!

Gruß
Sven
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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon Frank M » Fr Jan 06, 2023 13:23

vielen Dank.

"Jugend" forscht. Ich versuche das Thema zu verstehen und im Rahmen meiner Möglichkeiten umzusetzen.
Ob das ganze wirklich so funktioniert wie ich mir das vorstelle wird sich ja erst noch zeigen... :D

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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon hershey » Fr Jan 06, 2023 18:14

Toller Thread!
Ich denke in Sachen Motorradtechnik (und auch Fahrtechnik) wurde in der Geschichte vieles einfach ausprobiert und versierte Fahrer und die Stopuhr haben dann gezeigt, ob es etwas gebracht hat, oder auch nicht.
Über die Physikalischen Hintergründe hat man sich oft erst hinterher Gedanken gemacht.

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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon sven » Fr Jan 06, 2023 18:48

Das ist wohl heute noch so ...
Die "S" ist überhaupt die einzig wahre XT:
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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon hershey » Sa Jan 07, 2023 10:38

Das ist wohl heute noch so ...
In der Tat, zb in der MotoGP: Als Rossi zb anfing bei harten Bremsmanövern das kurveninnere Bein wegzustrecken, ohne erklären zu können warum. Inzwischen machen das fast alle.
Oder dass manche Chassis besser mit einer Karbonschwinge harmonieren, aber andere mit Aluschwingen.

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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon xtase » So Jan 22, 2023 15:24

@ xtase,
deine Sitzbank ist echt der Knaller :ja:
LG xtrack
...Deinen Kommentar sehe ich erst jetzt. Sorry. Sitzbank ist tatsächlich etwas duchgelegen, stimmt. Privisorien halten am länsten...

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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon Henrixt » Di Feb 14, 2023 13:29

moin Frank,

tolle Arbeit!
vielen Dank fürs Teilen Deines Umbaus!

Der Gert Thöle hats ein bisschen anders gemacht:
So Ende der 70er/Anfang der 80er oder so hat er gleich bis oben geschnitten und ein wesentlich größeres Stück rausgenommen.
Ganz genaue Zahlen weiss ich nicht mehr, ich glaub es waren 19 oder 21 mm.
Hat er mir mal in Wietstock erzählt .
Ich hatte da gerade in US und australischen Foren rumgelesen und die Zahlen im Kopf da kam mir das gleich sehr viel vor.
Ich habs zuhause nachgerechnet (also sowas wie 6-7 Grad) und mich gewundert dass damit der Lenkkopfwinkel ja viel zu steil wäre.
Dann hab ichs kapiert:
Er hat in einem Schritt die Gabel so ca 3/ 3,5 Grad steiler gestellt und gleichzeitig das Heck gesenkt und somit ja auch die Schwingenachse hinterm Motor gesenkt. (so ca 2-3cm in Relation zum Lenkkopf)
Schwerpunkt (Motor/Fahrer) weiter vorne und tiefer
Lenkkopf und Motor etc ne Handbreit nach vorne und somit mit wesentlich längerer Schwinge wieder Radstand im vernünftigen Bereich
mit langer Schwinge und tieferem Schwingendrehpunkt wieder guter Winkel von Schwinge
weniger Ärger mit Kettensägen über Schwingenachsrohr
etc
etc
schöne Geometrie mit einem Schnitt (Rahmenheck und Stoßiaufnahme ist auch modifiziert also noch ein paar mehr Schnitte...)
Das Mopped hat jetzt der Henning.

kleine Mathe-Anmerkung noch:
bei 160mm Rahmenhöhe ist die Breite des Schlitzes für einen 4 Grad Winkel :
tan 4° * 160mm= 11,2mm
cotan (9,5mm /160mm) = 3,4°
Passt ja auch besser zu den 3 Grad die Du nach Umschweissen gemessen hast

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Frank M
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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon Frank M » Di Feb 14, 2023 16:08

Moin Henrik,

von seinen Rahmenschnippeleien hat mir Gert Thöle auch mal in Mölln erzählt und war dann auch auf der Suche nach den inzwischen verkauften Mopeds. Er meinte, die fuhren besser als seine aktuellen HLs. Details hab ich dazu aber nicht.

Schwingenachse absenken über Lenkkopfwinkeländerung kann ich gerade nicht nachvollziehen. Klar kann man den Rahmen hinten tiefer legen, letztlich muss die Schwingenachse aber in Relation zum Ritzel am Motor tiefer, damit bei längeren Federbeinen der Schwingenwinkel wieder passt und die Kette nicht sägt.

Die Maßangaben in meiner Beschreibung oben sind alle am lebenden Objekt abgenommen. Dazu hab ich das Moped vorher/nachher auf einen in Waage ausgerichteten Balken gestellt und mit Schmiege, Winkelmesser, Senklot und Wasserwaage versucht die IST-Daten zu ermitteln. So 100% genau ist das sowieso nicht, reicht mir aber auch mit diesen Ungenauigkeiten.

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Re: Auf der Suche nach der Handlichkeit...

Beitragvon Henrixt » Mi Feb 15, 2023 17:48

moin Frank,

Danke für die Erklärung.
Und entschuldige bitte meinen Beitrag zur Berechnung, ich bin so in der Trigonometrie gefangen daß ich gar nicht ans messen am lebenden Objekt gedacht habe :oops:

das Heckabsenken ändert nichts an der Relation zwischen Ritzelachse / Schwingenachse / Radachse wenn der Winkel der Schwinge zum Rahmen gleich bleibt, klar
bleibt er bei abgesenkten Heck aber ja nicht

Was ich meine: bei ner XT mit 3 Grad steiler gestellter Gabel und 30cm Federweg vorne und hinten steigt das Heck heftig an
die Orginalschwinge würde absurd steil stehen
wenn jetzt der Rahmen um 3 Grad deraked wird kommt das Heck runter und die Schwingenachse auch, wenn nun noch mehr deraked wird kommt die Schwingenachse noch weiter runter, bis zB. 35cm Bodenfreiheit erreicht ist; da ist die Schwingenachse zwar immer noch deutlich höher als orginal, aber da ja das ganze Mopped durch das 6-7 Grad zusammenknicken nochmals wesentlich kürzer wird als bei 3 Grad kann ne wesentlich längere Schwinge (z.B.15cm mehr) rein
und deren Winkel ist aufgrund der großen Länge entsprechend flacher
ich hab das nur auf Papier aufgemalt und in der grauen Theorie sieht das so aus als würde es mit entsprechend großen Ritzel und Kettenblatt hinhauen dass die Ketten nicht sägt ohne Schwingenachsen Tieferlegen

Jaja, Grau ist alle Theorie...

Ich find Deinen Umbau und die Entwicklung Deines Umbaus über die Jahre grandios und die XT sieht auch noch dazu super aus.
Wollte den Fred hier nicht zerreden

Ich denk nur drüber nach ob der Gert Thöle sich das alles so überlegt hat oder ob sich das vor 40 Jahren halt einfach so in der Werkstatt zusammengefügt hat
müssen wir Ihn wohl im September mal fragen :wink:


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